Recruiting und ein Strauß verwelkter Blumen

Die Arbeit als Recruiter bringt nicht wenige tägliche Herausforderungen mit sich, man steht in einem immens komplexen kommunikativen Mittelpunkt zwischen Menschen, die allesamt eine gewisse persönliche Erwartungshaltung an den Tag, wie auch an den Recruiter legen.

Es erübrigt sich zu sagen, dass wir in einer Welt der permanenten Steigerung der Erwartungen leben, alles muss besser, schneller, grenzenlos einfacher etc. werden. Wir könnten den Prozess die „kalte Progression“ der Leistung nennen, die Arbeit wird immer mehr und immer schneller, aber kaum jemand wird dadurch ein Positiverlebnis verbuchen, das Engagement verpufft „kalt“ im Satz „das ist ja erwartbar, oder?“ . Wir als Recruiter sitzen im Brennpunkt dieser Entwicklung, von beiden Seiten konfrontiert mit Wünschen, die häufig nicht viel mit den reellen Parametern des Arbeitsmarktes oder der persönlichen Kompetenzen haben. Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer geben sich halt soooo gerne den eigenen Wunschvorstellungen hin, denn alles ist leichter, als sich kritisch mit sich selbst auseinander zu setzen.

Groß ist die Freude, wenn dann zwei Personen zueinander finden und der Wunsch nach einer gemeinsamen beruflichen Zukunft zuerst einmal vertraglich fixiert wird. In diesen Momenten wird die Kiste mit den Positivbotschaften ausgepackt, alles ist eitle Wonne, alles happy, weil „life is beautiful“. Jedoch: für einen Moment der happyness mussten wir im Vorfeld zig-Mal Wunschvorstellungen und Hoffnungen zerstören, Träume platzen lassen. Mit unseren Zeilen senden wir tagtäglich riesige Frustrationspakete in die Welt, weil wir absagen. Das ist das dünnste Eis in unserer Kommunikationsaufgabe, wo nicht selten Unverständnis, Wut und Resignation dafür sorgen, dass wir ins Eiswasser einbrechen.

Umso freudiger ist dann genau jenes Feedback, das ich kürzlich von einem Bewerber erhalten habe:

„Sehr geehrter Herr Hernady,
vielen Dank für die angenehmste Ablehnung, die mich je erreicht hat.
Ihre Entscheidung ist selbstverständlich logisch nachvollziehbar.
Gerne biete ich Ihnen an meine Unterlagen weiter zu verwenden und ich freue mich bereits auf künftige Vorschläge Ihrerseits.“

Mein Blumenstrauß war zwar verwelkt, aber dennoch ein Blumenstrauß! Mit ehrlicher Empathie und den sprichwörtlichen 3 Minuten Zusatzaufwand kann man in die Frustationspakete immerhin soviel Respekt einschleusen, dass der Empfänger verwelkte Blumen anstatt giftige Stacheln sieht.

Schön ist die Arbeit als Recruiter!

Autor Mag. Gergely Hernady – Geschäftsführer und Leitung Recruiting der Menschen im Vertrieb Beratungsgesellschaft mbH

 

In diesem Artikel wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei jedoch ausdrücklich mitgemeint.

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